Nicht-Offenlegung des Jahresabschlusses führt zu Klage

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OGH Entscheidung: Nicht-Offenlegung des Jahresabschlusses im Firmenbuch kann Grundlage für eine Klage nach UWG sein

 

Interview im Format vom 2. Oktober 2009 

Gemäß § 277 UGB hat die Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften den Jahresabschluss samt Lagebericht spätestens 9 Monate nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuch einzureichen. Dies hat in elektronischer Form zu erfolgen, es sei denn die Umsatzerlöse der letzten 12 Monate vor dem Bilanzstichtag überschreiten EUR 70.000 nicht, dann ist auch die Einreichung auf Papier zulässig.

Viele Gesellschaften überziehen diese 9-monatige Offenlegungsfrist. Nach der Praxis des Handelsgerichtes Wien kann bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, etwa ab Dezember des Folgejahres mit einer Aufforderung an die Geschäftsführung den Jahresabschluss einzureichen, gerechnet werden. Es ist allerdings auch zulässig, dass das Firmenbuchgericht die entsprechende Aufforderung gleich mit einer Zwangstrafe gegen die Geschäftsführung verbindet. Diese Zwangsstrafe kann zunächst bis EUR 3.600 betragen; sie kann mehrmals verhängt werden, wobei sie je nach Größe der Gesellschaft auf bis zu EUR 21.600 gesteigert werden kann.

UWG als Anspruchsgrundlage eines Mitbewerbers auf Offenlegung des Jahresabschlusses

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient als Grundlage unlautere Geschäftspraktiken oder Handlungen im geschäftlichen Verkehr zu unterbinden, wenn diese den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich beeinflussen.

Durchgesetzt wird ein UWG Anspruch in einem Zivilprozess, den typischerweise ein Mitbewerber durch Klage gegen einen anderen Mitbewerber anstrengt.

In seiner Entscheidung vom 24.3.2009 (4 Ob 229/08t), die zwei konkurrierende oberösterreichische Einkaufszentren betraf, hat der OGH ausgesprochen, dass eine Verletzung der Offenlegungspflicht einen Anspruch nach UWG begründen kann. Es handelt sich um die Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“. Legt nämlich ein Mitbewerber den Jahresabschluss offen, während ein anderer die Offenlegung verweigert, so hat dies Auswirkungen auf die Stellung des Unternehmers im Wettbewerb. Die Kenntnis der wirtschaftlichen Lage kann sowohl das Verhalten der Marktgegenseite (Kunden/Lieferanten) als auch des Mitbewerbers beeinflussen. Durch die Offenlegung des Jahresabschlusses sollen gerade auch diese Dritten geschützt werden.

Im konkreten Fall hat die beklagte Partei im Übrigen nichts dazu vorgebracht, dass auf Grund konkreter Umstände des Einzelfalls ihr Verhalten nicht geeignet gewesen wäre den Wettbewerb spürbar zu beeinflussen. Im Allgemeinen wird es unseres Erachtens fraglich sein, ob eine Verzögerung der Offenlegung von einigen Wochen bereits per se ausreicht, um den Wettbewerb spürbar zu beeinflussen; im konkreten Fall wurde der Jahresabschluss 2005 aber mit einer Verspätung von etwa einem Jahr und der Jahresabschluss 2006 mit einer Verspätung von etwa drei Monaten offengelegt.

Der OGH hat weiters ausgesprochen, dass die Regelungen über die Zwangsstrafen im UGB für die Nichtoffenlegung des Jahresabschlusses keinen abschließenden Charakter haben und daher ein UWG Verfahren neben einem Zwangsstrafverfahren zulässig ist.

Die Kosten eines Verfahrens nach UWG (im konkreten Fall wurde der Streitwert mit EUR 30.000 angesetzt) betragen üblicherweise ein Vielfaches der vom Firmenbuch verhängten Zwangsstrafen. Zu Gerichtsgebühren und Anwaltskosten kommen oft auch noch die Kosten der Veröffentlichung des Urteils in einer Tageszeitung (im konkreten Fall in den Oberösterreichischen Nachrichten).

Zusammenfassung

Fehlende oder verspätete Offenlegung des Jahresabschlusses kann nicht nur zu einem Zwangsstrafenverfahren des Firmenbuches gegen die Geschäftsführung einer Gesellschaft führen sondern zusätzlich auch zu einer Klage eines Mitbewerbers nach UWG unter beträchtlichen Kostenrisiko.

 

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Autor

Dr. Ferdinand Graf
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